Heute treffen sich in Leipzig Arbeiter- und Gewerkschaftsfunktionäre -aus beiden deutschen Staaten und aus Westberlin zur XXII. Deutschen Arbeiterkonferenz. Sie kommen zu einem Zeitpunkt zusammen, der es sehr notwendig macht, über die gefährliche Entwicklung in Westdeutschland zu sprechen. Mit der Regierungserklärung Erhards ist der Angriff der Monopole und des Staates gegen das Volk in eine neue Phase eingetreten.
In der Ausgabe vom 25. Dezember veröffentlichte „Neues Deutschland" ein Dokument, das zeigt, wie groß und wie akut die Gefahr für die westdeutschen Werktätigen ist In einer für alle Polizei- und " Bereitschaftspolizeieinheiten ausgearbeiteten Richtlinie zum Einsatz der Polizei bei Arbeitskämpfen wird gesagt, was man sich unter dem inneren Notstand vorstellt
Sind die Prpfitinteressen der Unternehmer bedroht, setzt der.Staat die. Polizei ein. Man konstruiert den Notstandsfall. Jeder Lohnkampf ist als „Aufwiegelung" zu betrachten und erbarmungslos niederzuschlagen. „Greif-r trupps" haben nach schwarzen Listen Verhaftungen durchzuführen, wenn die Arbeiter angesichts der ständig steigenden Preise zum letzten Kampfmittel, dem Streik, greifen. Bei ihrem Vorgehen hat die Polizei eng mit den kapitalistischen Managern zusammenzuarbeiten.
Um all das zu rechtfertigen, wird schließlich die Theorie erfunden, wonach die „Menge zur Masse" wird, der „Einsichtsfähigkeit und Verantwortungsbewußtsein fehlt", gegen die man deshalb unbesehen mit brutaler Gewalt vorgehen muß, um die Staatsautorität, d. h. die Unternehmermacht zu wahren.
Hier wird sie sichtbar, die eiserne Faust, nach der die Unternehmerverbände seit Monaten schreien, die eiserne Faust des Staates gegen die Werktätigen. Was im April dieses Jahres noch als Planspiel skizziert wurde, ist im Herbst bereits im Raum von Mörfelden (Hessen) und in Hanau manövermäßig durchexerziert worden. Es handelt sich also keineswegs um papierne Vorstellungen einiger wild gewordener Polizeiführer. Was heute noch Manöverlage ist, soll morgen — geht es nach Erhard und den Monopolen — Praxis des Terrors sein.
So wurde klargestellt, was die Bundesregierung unter innerer Gefahr versteht Lohnkämpfe, Streiks, wie etwa der schleswig-holsteinische oder der baden-württembergische Metallarbeiterstreik, könnten nach den neuen Richtlinien den gesamten staatlichen Machtapparat gegen die Arbeiter in Aktion treten lassen. Polizeiwillkür gegen alje sozialen und politischen Forderungen der Arbeiterklasse und aller anderen Werktätigen, das heißt, die Demokratie völlig zu beseitigen.
Und dabei ist nicht allein an die Polizeikräfte gedacht. Vor allem geht es um den Einsatz der Bundeswehr. Die in Köln erscheinende offizielle Zeitschrift „Die Polizei" hat - wie wir heute ausführlich berichten — über den Einsatz des gesamten Polizeiapparates gegen die Werktätigen hinaus das sofortige bewaffnete Einschreiten der Bundeswehr gefordert. Der Bundestag soll da nichts mehr zu entscheiden haben. Das würde, meint der Verfasser, nur zeitraubend sein. Ausdrücklich wird die rücksichtslose Anwendung von Waffengewalt in jeder unübersichtlichen Situation verlangt.
Gegen wen sollen sich die Waffen kehren? Was versteht man in Bonn unter unübersichtlicher Situation? Ludwig Dierske, der Verfasser dieses Artikels — durch seinen Dienst als Generalmajor der faschistischen Schutzpolizei Hitlers schwer belastet —, beantwortet diese Frage. Oppositionelle Kräfte sind für ihn „große verbrecherische Vereinigungen". Sie, und damit sind auch die Gewerkschaften gemeint, sollten wissen, daß sie „die ganze Härte der Waffen der Bundeswehr trifft".
Der deutsche Imperialismus hat seine Erfahrungen bei der Anwendung von Waffengewalt gegen die Arbeiterklasse und das Volk. 1923 kartätschte die reaktionäre Reichswehr die Arbeiter zusammen. Hitler entfesselte den braunen Terror gegen die demokratischen Kräfte^ um die Machtpositionen der Imperialisten zu erhalten. .Doch Hitlers Terror nach innen galt der Vorbereitung auf den zweiten Weltkrieg.
Offenbar greift die Bundesregierung, die Tatsachen bestätigen es, heute auf solche Erfahrungen zurück. Nicht von ungefähr wurden "mit der Ausarbeitung der Forderungen wie auch mit der manövermäßigen Erprobung der Übungslagen Leute beauftragt, die derartige Praktiken schon im faschistischen SS- und Polizeieinsatz anwandten.
Die Stoßrichtung ist klar. Klar ist; gegen wen es gehen soll. Jetzt wird deutlich, was sich hinter dem nebulösen Gerede Erhards von for-
(Fortsetzuna Seite 2. Svalte 1)
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